Sonntag, 10. Juni 2018

Individualität


Die Lichtung klärte sich. Sonnenstrahlen duftend nach Rausch durchbrachen die letzten Baumkronen durch die er noch eben hindurchgeschritten war und berührten, kitzelten sanft seine nackte Haut. Heftige Musik drang an ihn heran, eine kleine Gruppe saß in der Mitte dieser großen, weiten Lichtung und tanzte. Trompetentöne erklungen durch die weiche Luft hindurch. Die Gruppe war in Bewegung wirkte wie ein Schwarm Fliegen über einem Fluss. Was sie hier täten, fragte er sie bald. Doch es kam zunächst keine Antwort. Er hatte von der anderen Seite der Lichtung aus gerufen, mit lauter Stimme, die Weiten zu überbrücken hatte, die er vielleicht unterschätzte. So ging er stetigen Schrittes näher heran, dass er bald in der Mitte zwischen den tanzenden Menschen und den letzten Bäumen des hinter ihm liegenden Waldes stand. Er rief erneut, fragend, was sie hier täten. Doch seine Worte, gerufen in die Luft hinaus, verklangen erneut ohne Widerhall, ohne Antwort. Bis er endlich ganz nahe bei ihnen stand, dass er sie nun auch klarer erkennen konnte. Sie waren alle gleich gekleidet, die Männer und die Frauen, dass man kaum einen Unterschied erkennen konnte, ja nicht einmal mehr klar sagen konnte, ob es Männer, ob es Frauen waren. Er rief erneut und fragte, was sie täten. Doch wieder blieb eine Antwort aus. Bis er an einer der Personen ganz nahe herantrat. Sie tantze sitzend an einen Baum gelehnt nur mit ihren Armen und den Bewegungen ihres Oberkörpers auf die Trompetenklänge. Er lehnte sich ganz nahe an ihr Ohr und als sie noch immer nicht reagierte rief er laut in ihr Ohr hinein: „was tut ihr denn hier!?“ Seine Worte warfen sich in die Welt, mischten sich unter die Töne der Musik und gingen scheinbar unerhört wieder unter. So stand er jetzt in Mitten dieser tanzenden nicht klar erkennbaren Menschen, die alle lachten und auf unterschiedliche Art glücklich und begeistert wirkten, doch wie Phantome schienen; du konntest keine der Personen je ganz erfassen, wirklich greifen, vorher schienen sie ohne erkennbare Ursache fort zu sein. Er rief jetzt verzweifelt um sich, laut bald diesem bald jenem ins Gesicht „Was tut ihr hier!?“, „Was tut ihr hier?!“ Doch eine Antwort blieb aus. Sie bleib aus. So setzte er sich langsam und geschlagen zwischen sie und starrte starr auf den Boden. So verging eine Zeit, eine Weile doch die Sonne schien nicht unterzugehen, eher von neuem sich aus ihrem Schlaf reckend aufzurichten alles goldend umgießend, um dann nur von neuem wieder aufzugehen, ohne je dunkel orang bis rot am Horizont zu versinken. Als er an sich hinunterschaute musste er plötzlich erkennen, dass er nun gleich allen anderen gekleidet war und auf seinem Gesicht zeigte sich das gleiche Lächeln, die gleiche Ausgelassenheit. Er versucht sich noch dagegen zu wehren, sein Gesicht bewusst zu verziehen oder sich die Klamotten wieder auszuziehen. Doch da er auch seine eigenen Klamotten nicht wiederfinden konnte - so sehr er auch um sich blickte - und es ihm unangehem gewesen wäre hier nackt zu sein, ließ er die Neuen an. Auch schien es ihm als könnte er nicht mal die obersten Knöpfe seiner Klamotte öffnen. Immer, wenn er sie anzufassen versuchte, verschwanden sie zwischen seinen Fingern. So wehrte er sich bald nicht mehr dagegen, fing an gleich den Anderen sich zu der Musik zu bewegen, lächelte bald überzeugt und die Frage, was sie hier täten, war seinem Gedächtnis entschwunden. Und immer zu ging die Sonne golden auf und immer zu ging sie nie unter.

Dienstag, 5. Juni 2018

Abendstimmung

Zigarettenrauch und Schmerzgefühle,
Färben Nachts Gedanken ein.
Ach - Liebeswahnsinn, Zeitendiebe
Gedankenkreise, Unheiltriebe.

Flüsternd raufen disonant sich
Gegenstoß als Teufelskreise
Ach - Altbewährter Zukunftsbrecher
Tief-Verlorener Nastasja Mörder

Zigarettenrausch und Schmerzgefühle
Vergehen bald im Müde-Reden.
Ach - Liebesklarsinn, Zeitenfriede,
Gedankenkreise und Unheiltriebe.

Mittwoch, 10. Januar 2018

XIII


Ich starre mit weit offenen Augen auf einen vor mir stehenden sehr kalten Bildschirm. Auf ihm spielen sich die wahnsinnigsten Szenen: Tränen, die in dicken Strömen über Gesichter rollen, Menschen die vor Schmerz aufschreien, laut lachende alte Männer, junge Mädchen die vor Lust stöhnen und Jungs, die ihre Augen leicht einwärtsgedreht und ihr Lieder halb geschlossen haben, ebenfalls berauscht von nie gekannten Berührungen und ihnen entfliehende Laute gleichermaßen nicht zurückhalten können, Schlangen schleichen um die nackte Knöchel von entblößter Haut Zeigenden und in einer Ecke gebiert eine Frau ein Kind, während zu den Seiten die ersten Menschen die Maske ihres Lebens abziehen und mit weißlich bleichen Gesichtern zu Boden sinken. Ich sehe Blut, Liebe, Schmerz, Freude, Tod, Verführung und Lachen. Doch als ich mich dem Bildschirm nähern, in die Szenerie mich stürzen will um mitzuerleben und meine Nase das Glas berührt, spüre ich diese eisige Kälte und meine Haut droht festzufrieren.

Sonntag, 1. Oktober 2017

Die Uhr - III


Schließlich beschloss ich etwas zu unternehmen, und fuhr mittags, als die Kinder noch im Kindergarten und mein Mann noch auf der Arbeit war los, um meine Mutter zu besuchen. Sie war dieses Jahr 72 geworden und ich fing an mir um sie sorgen zu machen und sie schneller zu vermissen. Vor allem brauchte ich aber Ablenkung und ein Besuch bei meiner Mutter würde sicher gut tun.
Ich fuhr ungeduldig auf die Autobahn und hielt an der ersten Tankstelle, um mir Zigaretten zu kaufen. Eigentlich rauchte ich nicht. Nachdem ich im Raststättenrestaurant noch einen Wein getrunken hatte, ging ich zurück an mein Auto und fuhr los. Kurz vor der Auffahrt zurück auf die Autofahrt stand ein Mann mit ausgestrecktem Daumen. Obwohl er viel älter war, schien es mir als stünde dort wieder der Junge von vergangener Woche. Ich hielt an, bat ihn herein und mein Herz fing erneut an zu rasen. Mir kam es vor als duftete er genauso wie Fabian und ich suchte aufgeregt nach Ähnlichkeiten zwischen den beiden. Wir fuhren eine Weile schweigsam nebeneinander im Auto sitzend auf der Autobahn und doch durchströmte mich wieder dieses Gefühl einer besonderen Fröhlichkeit, Freiheit und das Rebellische, dass Fabian und Carla an sich hatte schien sich unter meine Haut zu schleichen. „Du siehst hübsch aus.“, sprach er mich plötzlich von der Seite an. Dieses direkte Kompliment überraschte mich, aber ich setzte seinen etwas rauen, beinah ekelhaft anmachenden Tonfall sofort mit Fabians ruhiger, leicht ironischer Stimme gleich und so schlug mein Herz nur noch ein Stückchen schneller. Er legte seine linke Hand auf meinen Oberschenkel und strich langsam über meine Jeans. Für mich war es aber nicht dieser nach Schweiß riechender Mann, sondern Fabian, der mich berührte, und als seine Hand zwischen meinen Beinen war, stöhnte ich kurz und leise an Fabians lebendig funkelnde Augen denkend auf. Er küsste mir den Hals, biss mir kräftig, dass es ein bisschen wehtat, in meine glatte, weiße Haut und bat mich an die Seite zu fahren. Ich lenkte schnell zur Seite, hielt an, schaute in seine Wahnsinnigen Augen, in denen ich aber nichts als Fabian und das Gefühl diese ewig sich falsch drehende Uhr anzuhalten sah und küsste ihn feste auf den Mund. Er nahm meine Hand, führte sie in seine Hose und an seinen Schwanz. Wir küssten uns heftig, er zog mir unsanft mein Oberteil aus, seine Hände umfassten meine Brüste, öffnete meine Hose, zogen mich zu ihm herüber. Bald war ich nackt, saß schwitzend auf seinem Schoß und war benebelt in meine Phantasie von Fabian verloren, während er kam. Seine Hände wanderten langsam an meinen Hals, er Schrie vor Lust und mir wurde langsam schwindelig, als seine Hände langsam fester zudrückten. Vor mir malte sich das Bild eines Lebens, dass ich hätte gelebt haben können ab. Ein Leben ohne bürgerlicher Kälte, ein warmes rebellisches Leben, das versuchte die Zeiger dieser Uhr mit den Händen gegen die Richtung der endlos vielen Zahnräder zu drücken. Doch mein Körper lag leblos auf dem Asphalt der Autobahn, während er mit dem Auto weiterfuhr.

Samstag, 30. September 2017

Die Uhr - II

Als Anna ihr Auto in der Garage abstellte, ausstieg, ihre Kinder und ihren Mann hörte und ihr gemeinsames Haus sah, wirkte alles ernüchternd auf sie und brachte sie zurück in die Realität. Aber diese Realität kam ihr plötzlich ein Stückchen enger und kleiner und nicht mehr so endgültig vor, als gäbe es noch viele andere neben ihr. Anna war eine Woche auf Geschäftsreise gewesen und ihre zwei kleinen Kinder, das jüngere – Timo – konnte gerade erst laufen, stürmten auf sie zu. Ihr Mann kam mit seinem gewöhnten spöttischem Lächeln und den großen funkelnden Augen, aus denen eine unbeschreibliche Unschuld strahlte, auf sie zu, küsste sie sanft auf den Mund und hielt ihr ein kleines Kästchen hin. Anna öffnete es. Es war eine neue Uhr. (In der ersten Nacht im Hotel war ihre alte Uhr geklaut worden.) Es war eine Bruno Söhnle Uhr, mit einem Armband aus dunkelbraunem Kalbsleder, sowie silbernem Ziffernblatt und Zeigern und mit schwarzen Buchstaben und Zahlen. Anna murmelte nur kurz danke, sie fühlte sich plötzlich unglaublich müde und von der Reise erschöpft. So ging sie also in ihr Zimmer, zog sich ihre Klamotten aus, öffnete ihren BH, legte ihn über einen Stuhl und kroch nur in Unterhose unter die warme Decke ihres weiß bezogenen Ehebettes.
Den darauffolgenden Tag war Anna krank. Nichts schlimmes, aber die konnte nicht arbeiten gehen und fühlte sich beständig müde und hatte Kopfschmerzen. Sie kümmerte sich etwas um Timo und Anuschka, aber verlor meist nach kurzer Zeit die Lust an ihnen. Sie beschloss etwas zu lesen, doch der Krimi aus der Serie, die sie liebte erschien ihr langweilig und unsinnig. In der Hoffnung sich etwas zu zerstreuen ging sie an den Schrank und nahm ein paar verschiedene Schmerzmittel. Dann ging sie in den Keller und und holte aus einem alten, staubigen Bücherregal Die Kunst des Liebens von Erich Fromm heraus, setzte sich in den Sessel im Wohnzimmer und begann zu lesen. Während sie so las, dachte sie zurück an ihre gestrige Autofahrt, an die beiden jungen Menschen, an Fabian und fühlte sich etwas wohler. Als ihr Mann nach Hause kam, trank sie zum Abendessen ein Glas Wein, nachher auf dem Sofa mit ihrem Mann noch zwei Gläser und vor dem Schlafengehen nahm sie eine Schlaftablette, weil sie fürchtete unangenehmen Gedanken nachzuhängen. Eine Woche lang blieb Anna so zu Hause, fühlte sich unwohl, müde und von ihrem Mann und ihren Kindern seltsam entfremdet.

Freitag, 29. September 2017

Die Uhr - I

„Nimmst du uns mit? Frankfurt am Main.“
Zwei junge Menschen standen an meiner runter gekurbelten Autoscheibe auf der Beifahrerseite. Ich weiß nicht genau, wieso ich angehalten hatte. Hitchhiking erschien mir immer als eine merkwürdige rebellische Attitüde, die ich vor allem für gefährlich und zu unkonventionell oder proletarisch hielt. Aber dieser Junge hatte etwas an sich, dass ich schon im Fahren langsamer wurde, als ich ihn nur gesehen hatte, ohne zu wissen, dass er etwas von mir wollte. Dann, als ich sah, dass er seinen Daumen raus gestreckt hatte und offensichtlich darauf wartete, dass ich anhalten würde, hielt ich. Ich ließ das Fenster herunter. Dann kam diese Frage, die ich hätte erahnen können und gleichzeitig nicht erwartet hatte. Ich fühlte eine Art längst vergangener Aufregung und mein Herz klopft. Seine Stimme war warm. Seine großen Augen langen ruhig auf meinem Gesicht und der selbstsichere, kecke Ton seiner Stimme klang noch nach, während ich schüchtern und verlegen antwortete er könne einsteigen. „Wir sind zu zweit, dass passt Ihnen?“, seine Augen funkelten und es lag eine leichte scherzhafte und kaum zu bemerkende Ironie in seinem Tonfall. „Ja, natürlich.“ Ich hatte seine Begleiterin ganz vergessen. Mein Herz raste, als diese beiden Fremden die Türen meines Autos öffneten, ihr Gepäck in meinen Kofferraum schmissen und nach dem Einsteigen die Türen zuknallen ließen. Er saß vorne, neben mir auf dem Beifahrersitz, sie hinten, hinter ihm. Ich starrte nach vorne, beide Hände am Lenker und wagte nicht zur Seite oder nach hinten und ihn oder sie anzuschauen, spürte aber seinen Blick, wie er erneut mit dieser Mischung aus Selbstbewusstsein und kecker Ironie auf meine Gesicht lag. Bis ich begriff, dass ich mit den Händen am Lenker, nach vorne starrend in meinem Auto saß, aber noch nicht losgefahren war. Ich legte hastig den Gang ein und fuhr unsicher, aber dann zunehmend aus meiner Zerstreuung aufwachend selbstsicherer los. Es entwickelte sich ein vorsichtiges Gespräch. Ob ich so was öfter tat – ich verneinte; wo die beiden herkamen – Leipzig; ob ich auch nach Frankfurt müsse – nein, Koblenz zu meiner Familie. Die beiden waren auf dem Weg nach Frankfurt, zu einer Tagung gegen Antisemitismus. ‚Schon wieder so ein Begriff, der von rebellischer, unkonventioneller Art zeugt und politisch viel zu aufgeladen ist.“, dachte ich. Etwas gegen den Begriff Antisemitismus zu haben, zeugte nicht von irgendeiner besonderen, den beiden vielleicht entgegengesetzter, politischer Einstellung. Vielmehr interessierte ich mich nicht besonders für Politik, außerhalb der wichtigsten europäischen und allgemein etablierten Politik. „Ist den Antisemitismus noch ein relevantes Problem?“, fragte ich. Ich spürte, dass sie von der Frage genervt war, er jedoch antwortete völlig ruhig: „Von Antisemitismus oder zumindest strukturellem Antisemitismus sind wir tatsächlich täglich umgeben. Dabei meine ich nicht nur offensichtlich antisemitische Aussagen von zum Beispiel rechten Politikern oder Nazis, sonder vor allem von – und das ist das große Problem – sich als links bezeichnende Kapitalismuskritikern. Großunternehmer oder führende Politiker mit Hakennasen und Vampir-Zähnen dazustellen, Bänker verteufeln, Machthaber mit Spinnen oder Kranken vergleichen oder diverse Verschwörungstheorien, all dass greift meist auf offensichtlich antisemitisch Vorurteile, oder Bilder zurück.“ Die Worte die er benutzte, Kapitalismus, Nazis, Großunternehmer, hätten mich in jedem anderen Gespräch, mit jedem anderen Diskussionspartner, die Diskussion beenden lassen. Sich über Nationalsozialisten und Kapitalismus zu unterhalten war mir so fremd, so abwegig. Aber bei diesem Menschen, bei der Art und Weise, wie seine Stimme klang, wie er mit den Betonungen spielte, mit der Ehrlichkeit und Lebendigkeit, die seine Worte beflügelten und zuletzt dieses Funkeln in seinen Augen immer, wenn ich zu ihm herüberblickte, ließen mich an seinen Lippen hängen. Ich verzehrte förmlich die Worte, die er sprach. Ich verstand, was er sagte und er überzeugte mich, aber es war viel mehr das Farbenspiel, dass er durch seine Anwesenheit, seine Bewegungen und Stimme vor mir ausbreitete, als die Worte selbst oder der Sinn seiner Rede, auf das ich achtete. „Wie alt seid ihr zwei eigentlich?“, fragte ich, bemüht sie mit in das Gespräch einzubinden und einen freundlichen Eindruck zu machen. Er war 21, sie war 20. Ich wusste nicht genau, was es mit diesem Jungen auf sich hatte, was mich zu dieser Zerstreuung und Verlegenheit brachte, die ich spürte, seitdem ich ihn an der Tankstelle stehen sah, die sich zunehmend verstärkte, so länger er neben mir saß. Aber er hatte eine Art zu sprechen und die Worte die er sprach verleiteten mich unwillkürlich dazu ihn weiter reden hören zu wollen und mein bisheriges Leben in Frage zu stellen. Diese beiden Menschen rührten ein Gefühl von Fröhlichkeit und Aufregung in mir auf. Aber das Gefühl einer höheren Zufriedenheit und einer Art Bedeutung. Ich hatte einen Mann, zwei junge Kinder, behielt mir aber meine Berufstätigkeit bei und reiste geschäftlich viel in der Welt herum. Ich hatte viele Freunde, ging gelegentlich in die Oper und traf einflussreiche Menschen auf Diners. Wir hatten ein schönes Haus in Koblenz gekauft und lebten ein vergnügtes Leben. Mein Job nahm viel Zeit in Anspruch aber er machte mir Spaß und ich empfand ihn als wichtig und richtig. Nie hatte ich darüber nachgedacht, dass es ein falsches Leben sein könnte, das ich führte. Aber diese Menschen weckten in mir das Gefühl, dass ich ein Zahnrad in dem Getriebe einer großen Uhr war. Vielleicht kein unbedeutendes Zahnrad, quasi ein großes, glückliches Zahnrad, aber das Zahnrad einer Uhr, die sich in die falsche Richtung drehte, ohne dass es jemand bemerkte. Und ich hatte meinen Anteil daran, und schien nicht nur nicht zu merken, dass sich die Zeiger auf dem Ziffernblatt verkehrt bewegten, sondern hatte mir – was viel schlimmer war – offensichtlich noch nie Gedanken darüber gemacht wohin sie sich überhaupt drehten.
Die weitere Fahrt über lachten wir viel, sie erzählten mir Geschichten ihrer Reise, ich ihnen etwas von meinem Beruf. Meinen Körper durchfloss fortwährend dieses Gefühl der Wärme und des Glücks, dass du spürst, wenn du mit wildfremden Menschen eine tolle Zeit verbringst. Die anfängliche Angst, mein Zögern und meine Vorurteile gegen Hitchhiking verschwanden langsam und waren schließlich, als wir im Baumweg 10 in Frankfurt ankamen, völlig verschwunden. Die beiden bedankten sich, nahmen ihre Rucksäcke und Taschen aus dem Kofferraum und mit dem Zuknallen der letzten offenen Tür waren sie verschwunden. Jetzt war ich allein mit dem Geräusch des Motors in meinem Auto. Ich fühlte mich eigenartig lebendig und als ich losfuhr legte ich eine alte CD ein, die ich lange nicht mehr gehört hatte und ließ mich von der Musik treiben. Nur das Bewusstsein diesen jungen Menschen nicht mehr wiederzusehen quälte mich ein wenig. Aber sanft und unbestimmt. Ich war froh Fabian und Carla mitgenommen zu haben und rekapitulierte unsere gemeinsame Fahrt, bis ich in Koblenz ankam.

Donnerstag, 28. September 2017

Hallo Menschen,

ihr habt wieder eine Weile nichts gehört, da ich gerade mit einer Hausarbeit und mehreren Kurzgeschichten beschäftigt bin. Eine der Kurzgeschichten ist letzte Woche fertig geworden und ich würde sie euch gerne präsentieren. Die Kurzgeschichte trägt den Namen "Die Uhr" und ist in drei Teile - I, II, III - unterteilt, die ich in den nächsten Tagen posten werde. Lasst euch nicht davon verwirren, dass die Teile ebenfalls, wie die Bilder mit römischen Zahlen beginnen. Ich freu mich über jedes Feedback und entschuldige mich für bisher unbeantwortete Kommentare.


Liebe Grüße

Jan